Klara-Zenta Kanevskaya
Aufwachsen als Jüdin in Berlin
Klara wurde 1923 als eines von drei Kindern in Berlin geboren und erinnert sich lebhaft an das jüdische Berlin ihrer Kindheit. Ihr Vater war ein glühender Kommunist. Nachdem er im März 1933 von den Nazis brutal zusammengeschlagen und inhaftiert worden war, emigrierte die Familie aus Deutschland in die UdSSR. Sie lebten fortan auf der Wassiljewski-Insel in Leningrad und führten ihr jüdisches Leben weiter. Sie erzählt nicht viel über ihre Kriegserlebnisse, da sie zu schmerzhaft sind, aber nach 1945 ließ sich Klara in Leningrad nieder und arbeitete an der Pharmazeutischen Hochschule. Später war sie als Buchhalterin und Ökonomin tätig. Sie war zweimal verheiratet und hatte zwei Kinder.
Ich wurde in Berlin geboren. Die jüdische Gemeinde in Berlin war nicht nur sehr groß - die größte in Deutschland - sondern auch sehr einflussreich. Es genügt zu sagen, dass es zu der Zeit, als wir in Berlin lebten, 18 Gemeindesynagogen und darüber hinaus etwa 20 private Synagogen gab. Es gab auch chassidische Synagogen, Reformsynagogen und sephardische Synagogen. Natürlich gab es auch Schochetim, aber unsere Familie hat deren Dienste nie in Anspruch genommen: Überall in der Umgebung gab es Geschäfte, in denen koscheres Fleisch verkauft wurde.
In Synagogen und Versammlungshäusern gab es Mikwen. In Berlin gab es verschiedene jüdische Bildungseinrichtungen, meine Schwester und ich besuchten zum Beispiel eine jüdische Schule. Es gab sowohl Cheders als auch Jeschiwot. Generell kann man sagen, dass es neben dem deutschen Berlin auch ein jüdisches Berlin gab und dieses florierte.
Juden hatten keinen typischen Beruf. Sie waren in verschiedenen Geschäften tätig. Wie üblich gab es eine beträchtliche Anzahl von jüdischen Kunsthandwerkern. Viele Juden waren im Handel tätig, es gab viele Rechtsanwälte, Bankiers und Ärzte. Die meisten jüdischen Emigranten aus Russland waren gebildete Leute.
Fleisch und Wurst kauften wir beim Metzger in einem jüdischen Geschäft. Schwarz- und Weißbrot und Wiener Muffins wurden uns jeden Morgen an die Tür geliefert. Ich erinnere mich noch immer an den Geruch und den Geschmack dieser Muffins, für immer und ewig bedeutet er für mich den Geruch einer glücklichen Kindheit. Und die Besitzer des Kolonialwarenladens waren Juden. Wir Kinder wurden sehr oft in die Läden geschickt, aber unsere Eltern vertrauten uns kein Geld an. Die Ladenbesitzer sammelten die gekauften Waren ein, und unsere Eltern bezahlten sie später.
Als wir in Deutschland lebten, waren alle unsere Bücher auf Deutsch, außer den religiösen Büchern, die auf Hebräisch waren.
Meine Eltern waren keine sehr religiösen Menschen. Bis 1941 feierten unsere Familienmitglieder alle jüdischen Feiertage. Wir gingen in die Synagoge, besonders in Deutschland. Um die Wahrheit zu sagen, kleideten sich meine Eltern wie weltliche Menschen.
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Gemeindesynagoge
Die Synagoge einer jüdischen Glaubensgemeinde wird als Gemeindesynagoge bezeichnet.
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Synagoge
Die Synagoge ist das jüdische Versammlungs- und Gotteshaus für Gebet, Schriftstudium und Unterweisung, der Begriff "Synagoge" stammt vom griechischen Wort für "Zusammenkunft" und ist eine Übersetzung des hebräischen "Beth Knesset" (Haus der Versammlung). Oft bezeichnen Juden die Synagoge auch als Beth Tefila (Haus des Gebets) oder Beth Midrasch (Haus des Lernens).
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Chassidismus
Chassidismus ist eine religiös-mystische Bewegung, die Mitte des 18. Jahrhunderts in der Ukraine entstand und sich zunächst bis nach Polen und Rumänien ausbreitete. Kennzeichnend ist der hohe Standard der Einhaltung religiöser Regeln, der moralische Anspruch sowie eine besondere G'ttesnähe.
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Reformjudentum
Das Reformjudentum, auch liberales Judentum, ist neben orthodoxem und konservativem Judentum eine der Hauptströmungen innerhalb des Judentums. Das liberale Judentum entstand Anfang des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Nach der Emanzipation und dem Eintritt in die nichtjüdische Gesellschaft begannen auch im Judentum Prozesse der Säkularisierung. Mit Reformen in Liturgie, religiöser Praxis und Lehre passten immer mehr jüdische Gemeinden die jüdische Tradition an die Moderne an. In den USA wird die entsprechende Strömung Reformjudentum genannt.
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Sephardisches Judentum
Sephardim (auch: Sefardim) heißen die Nachkommen der Juden und Jüdinnen aus Spanien und Portugal, die 1492/95 von der iberischen Halbinsel vertrieben worden sind. Im modernen Hebräisch bedeutet Sepharad Spanien.
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Schochet
Der Schochet, Plural “Schochetim“, ist ein Schächter, also ein ritueller Schlachter im Judentum.
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Mikwe
Als Mikwe, hebräisch für “zusammenfließen“, bezeichnet man sowohl das Gebäude für das rituelle Tauchbad in einer jüdischen Gemeinde als auch das Tauchbad selbst. Das Wasser einer Mikwe muss reinstes, lebendiges Wasser sein. Daher wurden vielerorts sogenannte Grundwassermikwaot gebaut, die meist unter der Erde auf der Höhe des lokalen Grundwasserspiegels eingerichtet wurden. Während in historischen Mikwen das Wasser meist kalt war, ist es in modernen Einrichtungen in aller Regel geheizt. Der Zweck der Mikwe ist nicht das Erlangen hygienischer, sondern allein ritueller Reinheit.
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Cheder
In einem Cheder, einer jüdischen Grundschule, lernen Kinder das Lesen der Tora und anderer Bücher in hebräischer Sprache. Das Wort “Cheder“ bedeutet “Zimmer“.
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Jeschiwa
Eine Jeschiwa (Plural: Jeschiwot) ist eine jüdische Hochschule, an der sich meist männliche Schüler dem Tora-Studium und insbesondere dem Talmud-Studium widmen. Das Wort Jeschiwa bedeutet “sitzen“.
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Kolonialwarenladen
In einem Kolonialwarenladen wurden Waren (vor allem Lebensmittel) aus den Kolonien oder aus Nord- und Südamerika verkauft.
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weltlich
Weltlich bedeutet “nicht geistlich“, “nicht kirchlich“.
Arbeitsaufträge
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Beschreibe anhand von Beispielen den Einfluss der jüdischen Religion auf die Essgewohnheiten und die Gestaltung des täglichen Lebens von Klara-Zenta und ihrer Familie.
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Klara-Zenta und ihre Familie kauften Lebensmittel hauptsächlich in jüdischen Geschäften. Nenne mögliche Gründe dafür.
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Erkläre die begriffe Cheder und Jeschiwa. Vergleiche sie mit deinem eigenen Schulsystem.
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Kennst du den Unterschied zwischen chassidischen, reformierten und sephardischen Synagogen? Verfasse je einen kurzen Text und finde passende Beispiele.