Menachem Mayer
Versteck und Untergrund
Frankreich war ja geteilt in den nördlichen und südlichen Teil. Der nördliche Teil war beherrscht von den Deutschen und der südliche Teil von Frankreich durch die Vichy-Regierung. Gurs, Aspet und Rivesaltes befanden sich unter der Vichy-Regierung im südlichen Teil von Frankreich. Am 11. November 1942 haben die Deutschen auch den südlichen Teil besetzt, und da wurde es dann langsam gefährlich für uns, denn es war den Behörden bekannt, wo wir uns aufhielten. Die OSE beschloss, uns woanders zu verstecken. Im Februar 1943 wurden wir von den Quäkern an andere Plätze in Frankreich gebracht. Wir waren 48 Kinder aus dem Waisenhaus in Aspet und 5 000 Kinder aus anderen Waisenhäusern, die zerstreut auf verschiedenen Plätzen untergebracht wurden. Fred und ich kamen mit anderen Kindern aus Aspet in ein Waisenhaus in Toulouse, das sich in einem Schloss befand und umgeben war von Feldern und Bäumen. Dieses Kinderheim gehörte der katholischen Kirche. Es war ein Kinderheim für Kinder, die aus Spanien nach dem Bürgerkrieg oder während des Bürgerkriegs nach Frankreich geflüchtet waren. Auch Alfred, mein Freund, war mit mir in Toulouse, von Februar 1942 bis Mai 1944.
Nach einem Monat wurde Manfred wegen seines Alters, er war 14 Jahre alt, nach Moissac in ein Heim für Jugendliche gebracht, das von den jüdisch-französischen Pfadfindern betrieben wurde. Nach einigen Monaten suchten die Behörden nach jüdischen Kindern, und Fred musste mit den anderen Kindern in den Untergrund. Er bekam einen französischen Namen, besuchte eine Schule und wurde in den Sommerferien in den Bergen von Zentralfrankreich bei Bauern untergebracht. Er hat mit den Bauern gearbeitet und ist mit ihnen zusammen sonntags in die Kirche gegangen. Was sie den Nachbarn erzählt haben, ob er ein Neffe ist, das weiß ich nicht.
Wir Aspet-Kinder sind in Toulouse schon am nächsten Tag in die Schule gegangen. Die Schule war in der Nähe des Kinderheims. Ich war ein guter Schüler, bin gern in die Schule gegangen. Ich wurde auch viel gelobt, und das war für meine spätere Entwicklung sehr wichtig. Lob ist immer viel wichtiger als Tadel. Mein offizieller Name in Toulouse war Henry. Ich wusste auch, wie ich aus dem Schloss fliehen konnte, wenn die Gestapo oder die französische Miliz erscheinen sollte.
Vor 15 Jahren bin ich mal in die Schule gefahren und habe erzählt, dass ich da einmal Schüler war. Sie haben eine Dokumentation von damals und da stand: Heinz Mayer! Das ist komisch, und ich verstehe das nicht! Sie haben unsere Identität in den Dokumenten preisgegeben. Die Lehrer wussten, wer wir sind. Also, wir waren versteckt da, andererseits waren wir eingeschrieben in die Schule mit unseren deutschen Namen.