Kaleidoskop der jüdischen Erinnerungen

Erna Goldmann

Ost- und Westjuden in Berlin: Meine Schwiegerfamilie

Erna Goldmann kam am 22. Dezember 1917 in Frankfurt am Main als jüngstes Kind von Theodor Guggenheim und seiner Frau Rosa, geborene Rapp, zur Welt. Ihre Familie lebte traditionell jüdisch, führte einen koscheren Haushalt und feierte die jüdischen Festtage. Erna besuchte die jüdische Schule und war mit ihren Brüdern und Freunden in einer zionistischen Jugendorganisation aktiv. Während ein Teil ihrer Familie nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten Deutschland verließ, blieb Erna zunächst in Frankfurt. Als jedoch das Leben für Juden immer schwieriger wird, emigriert auch Erna nach Palästina.

Erna Goldmanns Stiefgroßvater Adolf Goldmann mit seinen Kindern Moshe und Lotte in Basel, 1931
Erna Goldmanns Ehemann Moshe zusammen mit seiner Schwester Lotte beim Zionisten-Kongress in Basel, 1931

Meinen Mann habe ich bereits 1933 in der zionistischen Jugendbewegung “Blau-Weiß“ kennengelernt. Martin, jüdisch Moshe, Goldmann hieß er. Er war damals 20 Jahre alt, ich war 1933 gerade 16 Jahre alt. Moshe kam aus Dessau. Seine Mutter Helene war aus Wien, glaube ich, sein Vater Adolf Goldmann kam aus einer ostjüdischen Familie in Polen.

Er hatte keine formelle Ausbildung, zum Beispiel, jeden Brief an uns hat meine Schwiegermutter geschrieben. Nur sie hat geschrieben. Und alles, was schriftlich zu erledigen war, hat sie gemacht. Sie waren religiös, aber traditionell. Sie haben die Feiertage gehalten und waren koscher.

Mein Schwiegervater war als 19-jähriger Junge aus einer polnischen Kleinstadt nach Deutschland gekommen. Er hatte nichts besessen. Im Laufe der Jahre hatte er eine sehr große Lederwarenfabrik, ein Haus und ein Auto mit einem Chauffeur. Er hatte sogar seine Produkte vor dem Krieg auf der Leipziger Messe ausgestellt und seine ‚Bist du klug und auf der Höh', trag' dein Geld im Portemonnaie' oder ‚wer spart und stets auf Ordnung hält, bewahrt im Portemonnaie sein Geld' das waren zwei der Slogans für seine Produkte. 

Mein Schwiegervater war auch ein begeisterter Zionist. Zum 17. Zionistenkongress, der war 1931 in Basel, ist mein Schwiegervater mit Moshe und Moshes Schwester Lotte gefahren. Sie kamen dort an, und mein Schwiegervater wurde gefragt: “Herr Goldmann, haben Sie eine Einladung?” Natürlich hatte er keine Einladung. Da hat er gesagt: “Mein Name ist Goldmann, ich möchte bitte mit meinen zwei Kindern hier reingehen.” Man hat gesagt, dass sie ohne Einladung nicht rein kommen. Also ist mein Schwiegervater zu einem Platz gegangen, hat Arbeitskleidung und Besen vom Reinigungspersonal genommen, alle drei haben die Arbeitskleidung angezogen, jeder hat einen Besen in die Hand genommen, und so sind sie rein gekommen und hatten sogar sehr gute Plätze.

Moshe war also aus gutem Hause, aber aus einem ostjüdischen. Und mein Vater war sehr westjüdisch. Das waren damals große Unterschiede. Die Westjuden waren gegen die Ostjuden. Die waren ihnen nicht fein genug, obwohl die Familie es sehr weit gebracht hatte, weiter als wir. Aber ein Ostjude ist ein Ostjude geblieben. Es gab eine Gegend in Frankfurt, das war Ostende, der östliche Teil von Frankfurt. Da wohnten viele arme Juden. Die Besseren, die Assimilierteren, haben mehr im Westen gewohnt. An eine Sache denke ich gerade. Die Jeckes haben sehr abseits von den Nicht-Jeckes gelebt, von den Juden, die aus dem Osten gekommen sind.

Vergleiche diese mit einer anderen Geschichte

Erna Goldmann


Von Frankfurt nach Tel Aviv. Die Geschichte von Erna Goldmann

Die Geschichte beginnt in der Zwischenkriegszeit in Frankfurt am Main, wo Ernas Familie seit Generationen lebte. Hier besuchte Erna die jüdische Schule und war mit ihren Brüdern und Freunden in einer zionistischen Jugendorganisation. Während ein Teil ihrer Familie nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten Deutschland verließ, blieb Erna zunächst in Frankfurt -- als jedoch das Leben für Juden immer schwieriger wird, emigriert auch Erna nach Palästina.

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