Kaleidoskop der jüdischen Erinnerungen

Vergleiche

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Rosa Rosenstein

Die Schulzeit

Ich habe eine jüdische Mädchenschule besucht, heute würde man sagen eine “Höhere Töchterschule“. Wir mussten Französisch lernen, und Englisch war Wahlfach. Natürlich war ich zu faul für Englisch, da habe ich nur Französisch gelernt. Damals gab es keine Vorschule. Es fing in der neunten Klasse an, und es ging hinauf bis zur ersten. Die neunte Klasse war wie heute die erste Klasse, und die erste war die letzte. Die nannte man Lyzeum.

Ich habe überhaupt keinen Kontakt gehabt mit Christen. Meine Eltern auch nicht, nur geschäftlich, aber privat nicht. Aber eine christliche Jugendfreundin hatte ich, die wohnte im selben Haus. Mit der bin ich mitgegangen, wenn sie beichten ging.

Für drei Stunden, drei Mal in der Woche, haben wir bei Dr. Selbiger, das war der Lehrer, biblische Geschichte und Hebräisch lesen gelernt. Die Schreibschrift haben wir nicht gelernt, die Druckschrift haben wir gelernt. Ich konnte alle Gebete. Ich musste ja auch beten. Meine Großmutter hat da aufgepasst. Früh morgens hat man gebetet “Modim anachnu lo“, und abends hat man das “El Male Rachamim“, das Abendgebet, gesagt.

Meine Schwestern gingen auch in diese Schule. Ich musste dann aus der Schule; über mich wurde verfügt. Mir wurde vorgeschrieben, wie lange ich in die Schule gehen darf, dann musste ich die Handelsschule machen, weil mein Vater mich im Geschäft gebraucht hat. Ich musste erst einmal so eine Art Praktikum in einer fremden Firma machen. Wir hatten eine jüdische Sekretärin, die heiratete, und ich musste ihre Arbeit übernehmen. Wir hatten auch ein Detailgeschäft, Herrenkonfektion. Ich war in dem Betrieb, wo genäht wurde, und meine Schwester Betty, die dieselbe Handelsschule besuchte wie ich, hat dann in dem Detailgeschäft gearbeitet.

In der Handelsschule hat man in einem halben Jahr alles lernen müssen: Maschine schreiben, Stenografie, Buchführung, und alles in großem Tempo. Ich habe Mitschüler gehabt, die 20 Jahre alt waren, und ich war 15 Jahre alt, aber ich war besser als die anderen. Meine Mutter war nie in der Schule, um sich zu erkundigen, wie ich studiere. Es gab keine Klagen.